Regionalschule statt Hauptschule

Den beiden Regierungsparteien CDU und SPD in Kiel ist ein mutiger Schritt gelungen, denn  vom kommenden Schuljahr an werden nicht die vorhandenen Haupt- und Realschulklassen zusammengelegt, aber mit Klasse 5 beginnend wird es eine gemeinsame Orientierungsstufe für die bisherigen Haupt- und Realschüler geben, der eine Regionalschule folgt, in der mit Klasse 9 der Hauptschulabschluss und mit Klasse 10 der Realschulabschluss erreichbar sind. Schleswig-Holstein folgt damit dem Saarland, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bremen und ist Hamburg einen Schritt voraus, in dem Ähnliches geplant ist. Was anderswo Sekundarschule (Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt), Oberschule (Brandenburg), Regelschule (Thüringen), Mittelschule (Sachsen), Stadtteilschule (Hamburg) oder Regionale Schule (Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern) heißt und nun in Schleswig-Holstein Regionalschule, besiegelt das Ende der von Erich Frister einmal als „Blaujackenschule“ und von anderen Menschen als „Restschule“ bezeichneten Minderheitsschule, die nicht mehr den Namen Hauptschule verdient; denn wer heutzutage mit einem Hauptschulabschluss einen Ausbildungsplatz sucht, hat schlechte Karten. Schon lange werden für Lehrstellen, die den Hauptschulabschluss voraussetzen, Realschulabsolventen und Abiturienten vorgezogen, zumal in Städten wie Darmstadt, Wiesbaden, Göttingen, Hildesheim, Bremen, Bonn und Hamburg, in denen nur noch weniger als zehn Prozent aller Schüler eines Jahrgangs zur Hauptschule gehen. Und der nächste Schritt mit der Gemeinschaftsschule als neunjähriger Grundschule ist in Schleswig- Holstein und nun auch in Berlin auch schon eingeleitet, so dass die Regionalschule nur einen Zwischenschritt  zu diesem großen Ziel, das international gesehen eigentlich schon lange überfällig ist, darstellt. Eigentlich sind es die TIMS-, IGLU- und PISA-Studien die die deutschen Kultusministerien zu diesem Umbau zwingen, den die Schweden, die ja TIMSS- und IGLU-Weltmeister sind, bereits 1962 vollzogen haben und der zweimalige PISA-Weltmeister Finnland schon 1972.

 

Logisch ist, dass der kleine Realschullehrerverband dagegen ist, denn er verliert seine Existenzberechtigung. Dass er aber Tausende von Realschülern, die von der Reform gar nicht mehr betroffen sind, mobilisiert,  um in mehreren schleswig-holsteinischen Städten und vor dem Landeshaus mit Transparenten zu demonstrieren, auf denen zu lesen ist, dass man „nicht mit dem Typ des Hauptschülers in einer Klasse sitzen möchte“, ist schlimm diskriminierend. Denn spätestens seit den Ereignissen an der Rüttli-Hauptschule in Berlin-Neukölln sollte sich doch in ganz Deutschland durchgesetzt haben, was damals Politiker aller großen Parteien erkannt haben: Gesellschaftliche Integration gelingt über die Schulen, oder sie misslingt in und mit ihnen!

Text: Prof. Dr. Peter Struck