Echte Schlüsselblume -Blume 2016 – Pflanzung auch in Lübeck

_DSC0669Echte Schlüsselblume

Echte Schlüsselblume (Primula veris)
Systematik

Familie:
Primelgewächse (Primulaceae)

Unterfamilie:
Primuloideae

Gattung:
Primeln (Primula)

Untergattung:
Primula
Sektion:
Primula
Art:
Echte Schlüsselblume

Wissenschaftlicher Name

Primula veris
L.

Die Echte Schlüsselblume (Primula veris) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Primeln (Primula) in der Familie der Primelgewächse (Primulaceae). Sie ist in weiten Teilen Europas und Vorderasiens verbreitet.
Die Stiftung Naturschutz Hamburg kürte die Echte Schlüsselblume zur Blume des Jahres 2016.
Trivialnamen
Weitere Trivialnamen (volkstümliche Namen) sind Wiesen-Primel, Frühlings-Schlüsselblume (Schweiz), Wiesen-Schlüsselblume, Arznei-Schlüsselblume und Himmelsschlüssel. Für den Ursprung der Bezeichnung Schlüsselblume, die mindestens seit dem 15. Jhdt. belegt ist, gibt es verschiedene Interpretationen. Darunter die Ähnlichkeit des ganzen Blütenstandes mit einem Schlüssel, wobei die Blüten selbst den Schlüsselbart und der Stängel das Schlüsselrohr darstellen oder durch die Ähnlichkeit der Blütendolde mit einem Schlüsselbund, wobei die einzelnen Blüten wohl die Schlüssel darstellen. Die Bezeichnung Himmelsschlüssel, die mindestens seit dem 12. Jhdt. belegt ist, steht wohl im Zusammenhang mit Petrus und dessen Schlüssel zum Himmelreich.
Beschreibung

Illustration: auch die Heterostylie ist dargestellt.

Modell einer Schlüsselblume, Botanisches Museum Greifswald

Blütenstand mit fünfzähligen Blüten

Offene Kapselfrüchte

Fruchtstand und Samen
Erscheinungsbild und Blatt
Die Echte Schlüsselblume wächst als ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 8 bis 30 Zentimetern erreicht und meist in kleineren und größeren Gruppen anzutreffen ist. Sie überwintert mit einem ausdauernden, dicken, kurzen Rhizom. Die vegetativen Pflanzenteile sind oft flaumig behaart aber nicht bemehlt.
Die Laubblätter sind in einer grundständigen Rosette angeordnet, die oft zu mehreren zusammenstehen. Die Laubblätter sind zwischen Blattspreite und geflügeltem Blattstiel undeutlich bis auffällig scharf abgrenzt. Die dünne und im Alter häutige, einfache Blattspreite ist bei einer Länge 5 bis 20 Zentimetern und einer Breite von 2 bis 6 Zentimetern eiförmig bis eiförmig-länglich mit spitzem bis stumpfem oberen Ende; sie verschmälert sich mehr oder weniger plötzlich in Richtung Blattstiel. Die dunkelgrüne Blattoberseite weist eine runzlige Struktur auf und die Blattunterseite ist hellgrün. Beide Blattflächen können weich mit einfachen Trichomen flaumig behaart oder kahl sein. Der wellige und unregelmäßig grob gezähnte Blattrand ist bei jungen Blättern nach unten eingerollt.
Blütenstand und Blüte
Die Blütezeit erstreckt sich von April bis Juni (Deutschland und nördlicher) oder von Februar bis Mai (Österreich, Schweiz, Slowenien etc.). Auf einem mehr oder weniger langen, blattlosen, behaarten Blütenstandsschaft befinden sich in einem endständigen, einseitswendigen, doldigen Blütenstand fünf bis zu zwanzig Blüten. Die Tragblätter sind flach und ungleich. Die aufrechten bis nickenden, behaarten Blütenstiele sind mit einer Länge von 3 bis 20 Millimetern ein- bis dreimal so lang wie die Tragblätter.
Die zwittrige Blüte ist radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf blass-grünen, 0,8 bis 2 Zentimeter langen Kelchblätter sind bauchig und breit-glockig verwachsen. Die fünf dottergelben Kronblätter sind an ihrer Basis zu einer Röhre verwachsen. Die Kronröhre ist mit einer Länge von 8 bis 20 Millimetern höchstens so lang wie der Kelch. Der Kronschlund weist einen Durchmesser von 8 bis 28 Millimetern auf. Die fünf tellerförmig ausgebreiteten, 8 bis 14 mm langen Kronlappen besitzen an ihrer Basis einen orangefarbenen Fleck und sind am oberen Ende leicht ausgerandet bis deutlich gekerbt. Die fünf Staubblätter sind mit der Kronröhre verwachsen. Fünf Fruchtblätter sind zu einem oberständigen, einkammerigen Fruchtknoten verwachsenen. Im Zentrum des Fruchtknotens befindet sich die dicke Plazenta, an der die Samenanlagen sitzen.

Pollen der Echten Schlüsselblume (400x) in Glycerin
Frucht und Samen
Der überdauernde Kelch ist doppelt so lang wie die Kapselfrucht und umhüllt sie. Die bei einer Länge von 5 bis 10 Millimetern eiförmige, leicht bauchige Kapselfrucht öffnet sich bei Reife mit zehn Kapselzähnchen und entlässt die zahlreichen Samen. Die Samen besitzen winzige Bläschen.[1]
Chromosomenzahl
Für europäische Populationen werden Chromosomenzahlen von 2n = 22 angegeben.
Unterscheidungsmerkmale zu ähnlicher Art
Die Merkmale, mit denen sich die Echte Schlüsselblume unter anderem von der Hohen Schlüsselblume (Primula elatior) unterscheidet, sind die dottergelben, stark duftenden Blüten mit ihren fünf orangefarbenen Flecken (Saftmale) im Schlund der Blüte. Die Hohe Schlüsselblume dagegen duftet weniger stark und der Schlund ihrer Blüten ist goldgelb. Der Blütenkelch ist bei der Echten Schlüsselblume blassgrün, bauchig und glockig, während er bei der Hohen Schlüsselblume eng an den Blütenkronblättern anliegt.
Ökologie
Die Echte Schlüsselblume ist eine Rosettenpflanze mit zwiebelförmigen Erneuerungsknospen. Das kräftige Speicher-Rhizom steht ziemlich senkrecht und verzweigt sich evtl. schon im 2. Jahr.
Blütenökologisch stellen die Blüten Stieltellerblumen dar. Bei den Blüten der Primula veris liegt Heterostylie vor. Sie bildet unterschiedliche Blütentypen mit zwei unterschiedlichen Griffellängen und Staubblattpositionen aus. Der eine Blütentyp besitzt einen langen Griffel und tief in der Kronröhre sitzende Staubblätter. Die köpfige Narbe befindet sich am Kronröhreneingang. Der andere Blütentyp besitzt einen kurzen Griffel, die Staubblätter sind hier wesentlich höher gelegen und enden am Kronröhreneingang. Die Heterostylie dient dazu, Nachbarbestäubung – genetisch gleichwertig mit Selbstbestäubung – zu vermeiden und damit Fremdbestäubung zu unterstützen. Die Bestäubung erfolgt durch langrüsselige Insekten wie Hummeln oder Faltern. Die Blütenkrone ist durch Flavonoide gelb gefärbt mit orangefarbenen, duftenden Saftmalen. Die Pollenkörner sind sehr klein.
Die Samen besitzen winzige Bläschen und werden über den Wind ausgebreitet. Zum Keimen benötigen die Samen Kälte und Licht.[1]
Nahrungspflanze
Die Echte Schlüsselblume dient mehreren Schmetterlingsraupen als Futterpflanze, darunter der Raupe der Silbergrauen Bandeule, auch Trockenrasenbusch-Bandeule genannt (Epilecta linogrisea) und des Schlüsselblumen-Würfelfalters, beide in ihrem Bestand gefährdete Arten.
Vorkommen
Diese kalkliebende Art kommt in ganz Europa und Vorderasien vor, lediglich im Süden der Mittelmeerländer und im äußersten Norden ist sie nicht beheimatet. In Mitteleuropa fehlt sie im Tiefland westlich der Elbe weitgehend, im übrigen Tiefland ist sie selten, ebenso in Gebieten mit kalkfreiem Gestein. Im übrigen Mitteleuropa kommt sie zerstreut vor.
Als Standorte werden Raine, Halbtrockenrasen, trockene Wiesen, lichte Laubwälder, Waldränder und Waldschläge insbesondere von krautreichen Eichenwäldern, mitteleuropäischen Flaumeichenmischwäldern, west-submediterranen Flaumeichenwäldern, Hainbuchenwäldern oder auch Seggen-Buchenwäldern bevorzugt. Sie steigt von der Ebene bis zu Höhenlagen von 1700 Metern. Die Echte Schlüsselblume gedeiht am besten auf kalkhaltigen, stickstoffarmen, lockeren Lehmböden mit reichlicher Humusbeimischung.

Verbreitungskarte von zwei Unterarten auf der Nordhalbkugel
Systematik
Die Erstveröffentlichung von Primula veris erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum.[2][3] Der Gattungsname Primula kommt von Primus für „der Erste“ Artepitheton veris ist abgeleitet von ver für Frühling; Primula veris bedeutet also „die Erste des Frühlings“.
Primula veris gehört zur Sektion Primula aus der Untergattung Primula in der Gattung Primula.[4]
Von Primula veris gibt es folgende Unterarten:[4][5]
• Primula veris subsp. macrocalyx (Bunge) Lüdi (Syn.: Primula macrocalyx Bunge, Primula officinalis var. macrocalyx (Bunge) C.Koch, Primula uralensis Fisch. ex Rchb.): Sie wird von manchen Autoren[6][7] als eigene Art Primula macrocalyx Bunge angesehen. Sie kommt in Russland, in der Ukraine, in Georgien, Armenien, Aserbaidschan, in der Türkei und im Iran vor.[4]
• Primula veris subsp. suaveolens (Bertol.) Gutermann & Ehrend. (Syn.: Primula columnae Ten., Primula suaveolens Bertol., Primula suaveolens subsp. thomasinii (Gren. & Godr.) Nyman (das gleichzeitig mit diesem 1881 veröffentlichten Namen erzeugte Autonym Primula suaveolens subsp. suaveolens ist Grundlage des ältesten im Unterartrang verfügbaren und damit gültigen Epithets),[4] Primula veris subsp. columnae (Ten.) Lüdi): Sie kommt unter anderem in Spanien, Italien, in Griechenland und in der Türkei vor.[4]
• Primula veris L. subsp. veris
• Primula veris subsp. canescens (Opiz) Hayek ex Lüdi (Syn.: Primula canescens Opiz)
Hybriden
Die Echte Schlüsselblume (Primula veris) kann mit der Stängellosen Schlüsselblume (Primula vulgaris) Hybriden bilden, die Primula ×polyantha Mill. oder Primula ×variabilis Goupil non Bastard genannt werden und sowohl in den morphologischen als auch in den ökologischen Merkmalen zwischen den Elternarten stehen. Die Hybride wird oft übersehen oder falsch bestimmt. Eine wissenschaftliche Arbeit aus der Schweiz zeigt, dass Primula ×variabilis im Tessin nicht selten ist und immer mit seinen Stammarten anzutreffen ist.
Verwendung
Als Heilpflanze

Primulae flos: Die Echte Schlüsselblume in Form ihrer Blütendroge
Schlüsselblumenblüten enthalten geringe Mengen an Saponinen, etwa drei Prozent Flavonoide -insbesondere Rutosid-, Carotinoide und Spuren von ätherischem Öl. Die Wurzeln enthalten drei bis zwölf Prozent Triterpensaponine, beispielsweise Primulasaponin oder Primacrosaponin, Phenolglykosiden wie Primulaverin sowie seltene Zuckerstoffe. Die Triterpensaponine üben eine reizende Wirkung auf die Magenschleimhaut aus. Dieser Effekt soll über Nervenfasern reflektorisch die Bronchialschleimhaut dazu anregen, mehr Schleim zu produzieren. Hierdurch verdünnt sich das Sekret und erleichtert das Abhusten. Extrakte aus Schlüsselblumen werden vor allem bei Erkältungen mit verschleimtem Husten und Schnupfen als Begleitsymptomatik eingesetzt. Als Nebenwirkung der Anwendung konnten Magenschmerzen und Übelkeit sowie allergische Hautreaktionen festgestellt werden.
Frische, junge Schlüsselblumenblättchen können auch Salaten zugesetzt werden.
Als Zierpflanze
Die Echte Schlüsselblume findet gelegentlich als Zierpflanze Verwendung. Gehölzgruppen, Rabatten und Steingärten in vollsonniger Lage sind geeignete Standorte. Die Vermehrung erfolgt durch Aussaat. Auch als Schnittblume inBlumensträußen wird sie gerne verwendet.[8]
Sonstiges
Die Rhizome wurden früher auch für Niespulver verwendet. Mit den Blüten der Schlüsselblumen in kochendem Wasser werden in der Schweiz und Österreich auch Ostereier gefärbt. Vom Sammeln der Pflanze sollte man absehen, da sie regional gefährdet ist und beispielsweise nach der deutschen Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt ist.
Kulturelle Bedeutung
Im Volksglauben galt die Echte Schlüsselblume als Schutz- und Fruchtbarkeitsmittel. In der nordischen Mythologie zählte sie zu den Pflanzen, die von Elfen und Nixen geliebt und beschützt werden. Auch wird von einer Sagengestalt, der Schlüsseljungfrau, berichtet, die auf ihrer Krone einen großen goldenen Schlüssel trägt und der Pflanze die Gabe verleiht, verborgene Schätze aufzuspüren.
Poesie und Musik
Der Name „Himmelsschlüssel“ bezieht sich auch darauf, dass diese Pflanzenart als eines der himmelöffnenden Frühlingskräuter gilt.
Bildhaft wird die Pflanze auch im Text der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach (Bach-Werke-Verzeichnis 245, Nr. 31) in einem Bass-Arioso genannt mit den Worten:
Betrachte, meine Seel, mit ängstlichem Vergnügen,
Mit bittrer Lust und halb beklemmtem Herzen,
Dein höchstes Gut in Jesu Schmerzen,
Wie dir auf Dornen, so ihn stechen,
Die Himmelsschlüsselblumen blühn!
Du kannst viel süße Frucht von seiner Wermut brechen,
Drum sieh ohn’ Unterlaß auf ihn !

Quelle: Wikipedia