Ein Herz für zwei

Christine HeydenrichDie MannschaftErste HerztransplantationHund als VersuchskaninchenTransplantationIm kommenden Jahr jährt sich die erste Herztransplantation zum fünfzigsten Mal. Pionier Christiaan Barnard. Ein Besuch im Groote Schuur Hospital, Kapstadt

Der Geruch von Sterilicum beisst ein wenig in der Nase. Aber noch viel mehr erinnert mich der Duft an meinen Zivildienst im OP eines norddeutschen Krankenhauses. Auch der Anblick der Flure und das grelle Licht läßt mich stark an eine medizinische Einrichtung denken. Und dennoch befinde ich ich mich in einen Museum.
Einem Museum zu Ehren von Christiaan Barnard, dem es als ersten Menschen gelang, ein Herz erfolgreich zu transplantieren. Die Tatsache, dass dem Südafrikaner Barnard 1967 dieses Kunststück gelang, mag dem ein oder anderen geläufig sein, aber die Geschichte, die sich hinter diesen Daten verbirgt, hat sich den meisten von uns nicht erschlossen.

Dem Weltruhm folgte der jähe Sturz aus dem Olymp der weißen Götter. Nur 18 Tage nachdem Barnard das Herz des 16jährigen Mädchens Denise Darvall, welches bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, dem Patienten Louis Washkansky verpflanzt hatte, starb dieser infolge einer Lungenentzündung. Diese war Folge der Herabsetzung seiner Immunkräfte, um eine Abstoßung des neuen Herzens zu vermeiden und schlussendlich zu seinem Tod führte.

Barnard, eben noch von der Weltpresse gefeiert, musste herbe Kritik einstecken und war selber über sich aufgrund des ernüchternden Ergebnisses am Boden zerstört.

Aber Barnards zweiter Patient Philip Blaiberg verhalf ihm dann zum entscheidenen Durchbruch. Keineswegs abgeschreckt, durch die Tatsache, dass der Chirurg und dessen 31-köpfiges Teams erster Versuch auf tragische Art und Weise erst einen Monat zuvor gescheitert war, überließ er sich der Obhut der südafrikanischen Ärzte.
Fast zwei Jahre sollte das neue Herz Blaibergs an Lebenszeit schenken. Lebenszeit, die auch gleichzeitig Lebensqualität bedeutete.

Barnards Triumph ließ auch gleichzeitig Afrika im Allgemeinen und Südafrika im Speziellen leuchten. Galt der Kontinent doch als rückständig und sorgte in der Weltöffentlichkeit lediglich aufgrund von Unabhängigkeitskriegen und Armut für Schlagzeilen in der Presse. Nun war aber gerade in einem fast vergessenen Winkel der Erde ein Meilenstein auf dem Gebiet der medizinischen Forschung gelungen. Insbesondere die amerikanische Fachwelt fühlte sich um einen sichergeglaubten Erfolg gebracht. Die Reaktion war verheerend. Viele Ärzte setzten Herztransplantationen auf die Tagesordnung. Allerdings bewegten sich die meisten davon auf ausgesprochenem Neuland. Über Tausend Patienten büssten die Hybris der Ärzte mit ihrem Leben ein.

Barnard war seine medizinische Mondlandung keineswegs in den Schoß gefallen. Jahrelang hatte er Erfahrung gesammelt und nicht zuletzt die erfolgreichen Transplantationen bei Tieren und auch die Verpflanzung von Organen wie z.B. von Nieren bei Menschen befähigten ihn dazu, den Amerikanern einen Schritt voraus gewesen zu sein. Aber auch ein weiterer Umstand verhalf dem südafrikanischem Umstand zu diesem Erfolg. Während in den USA ein Patient erst für tot erklärt wurde, einigte man sich in Südafrika darauf, dass auch der Hirntod als eigentlicher Todeszeitpunkt akzeptiert werden konnte. Dieses hatte den großen Vorteil, dass das gesunde Herz noch bis zur Entnahme voll funtionsfkähig war und das Risiko einer Abstoßung durch diese Maßnahme erheblich reduiziert werden konnte.

Für Barnaard war die erste Herztransplantation übrigens gar nichts Besonderes. Er habe genauso gut geschlafen wie vor jeder anderen OP auch.

Aus Kapstadt berichtet netzpool-Korrespondent Stefan Tietjen

Fotos:
Christine Heydenrich, die selbst noch mit Christiaan Barnard arbeitete, führt souverän und liebenswert durch die Ausstellung.

Barnard erntete den Ruhm, aber natürlich war er nicht der einzige Erfolgsgarant. Dank sei seinem Team aus 31 Spezialisten. (Photo: The Heart of Cape Town Museum)

Louis Washkansky konnte sich nur 18 Tage an seinem neuen Herzen erfreuen.

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Heute halten Wachsfiguren das Skalpel in den historischen Sälen, wo die erste Herztransplantation gelang.