Der Udo – plötzlich saß er neben mir. In Emden bei Henri Nannen im Privathaus, nach dem Konzert..
„Ich bin Udo.“ „Ich bin Uli, von Bild, HörZu.“ Null Allüren, null Arroganz, einer zum Anfassen.
Wir saßen in kleiner VIP-Runde. Alle da:
Stern, RTL, SAT 1, ARD Niedersachsen. Nord-West-Zeitung.
Udo war Mitte 50, ich Mitte 40.
Stern-Chef Nannen hob sein Glas: „Lieber Udo Jürgens, lieber Udo, wir haben uns zum Tournee-auftakt eine Überraschung ausgedacht – Krabbenpulen, hier bei mir in Emden, nahe der Nordsee, nahe den Krabbenfischern.“ Die Wette: Wer die meisten Krabben pult, hat gewonnen.
Schlüssel wurden aufgetischt voller frischer Kraben, auf ging’s.
Udo zu mir: „Kannst Du das?“
„Erst die Beine, dann der Kopf.“
Udo pulte, zupfte, knackte.
Henri Nannen,der große Mann vom Stern und Udo, der große Mann am Klavier, sie pulten und pulten. : „Wir haben noch fünf Minuten zum Pulen…“
Beine ab, Kopf ab. Udo: „Mach‘ ich das richtig?“ Er machte. In seiner Schüssel lagen 22,
in meiner 21.
Eske Nannen, Nannens Ehefrau, hatte als Siegerin 112. Ihre Krabben-Toast:: „Lieber Udo, Du hast heute abend wieder viele Menschen
mit deinen Liedern glücklich gemacht. Wir möchten uns ganz ostfriesisch bei Dir
bedanken – mit Krabben und einer original ostfriesischen Tee-Zeremonie.“
Da war es kurz vor Mitternacht. Eigentlich Zeit für Champagner, Wein oder Bier.
Aber Tee?
Man reichte den Kluntjepott und Nannen erklärte: „Lieber Udo, in Ostfriesland trinken wir Tee nicht gegen Durst, wir trinken Tee, um Atmosphäre zu schaffen.“
Die Atmosphäre war friesisch, bis zum frühen Morgen. Ich glaube, der Star, der Stern über
Ostfriesland hat sich pudelwohl gefühlt da oben im Norden, mit dem Krabben und dem Tee…
….”aber bittte mit Sahne.”
Danke Udo, wir war tolle Tischnachbarn, ich habe Dir so gerne zugehört, der
Hör-Zu-
P.S.
Ich habe nie wieder Krabben mit Udo Krabben gepult.
Aber einmal hat mich sein Manager in der Redaktion
angerufen: „Udo hat ein Konzert in Grömitz an der
Ostsee. Er möchte mit Dir nach dem Konzert Krabben
pulen. Den Abend bei Henri Nannen hat er nie vergessen.”
Wir vergessen den hellen Stern Udo nie.
Weil er kribbelt und krabbelt.
Vom Tee der Ooostfresen
Eine Kurzeinführung in die ostfriesische Teezeremonie von Menna Hennsmann, Leer.
Entgegen anders lautender Gerüchte sind die Ostfriesen ein sehr gastfreundliches Volk. Der Ostfriese an sich liebt das Gespräch und die Geselligkeit, auch wenn ihm anderes nachgesagt wird. Zarte Teetassen mit der unverkennbaren “ostfriesischen Rose”, Sahnekännchen, ein “Kluntjepott” mit “Kluntjezange” und das Stövchen mit der dickbauchigen Kanne zieren die liebevoll gedeckte ostfriesische Teetafel, wann immer Besuch ins Haus steht.
Kein Ostfriese wird etwas dagegen sagen, wenn der Besucher sich höchstselbst über den dampfenden Tee hermacht, seine kleine Tasse bis zum Rand voll kippt, weil ihm dies der Durst gebietet und sich darüber hinaus da die Ostfriesenmischung doch ziemlich stark ist, drei Kandiszucker und einen ordentlichen Schuss Sahne nimmt und “vehement” umrührt.
Nein, sagen wird er nichts. Nur wird er Sie aufgrund dieses babarischen Verhaltens kein zweites Mal zum Tee “nögen” (einladen).
Die Teezeremonie
Es ist durchaus lohnend, einfach die einzelnen Stationen der Teezeremonie abzuwarten, denn durch sie erschließt sich dem Gast ein tiefer Einblick in ostfriesische Sitten und Gebräuche. Vorab gesagt: der Tee wird nicht getrunken, um den Durst zu löschen, sondern um eine bestimmt Atmosphäre zu schaffen. Einigermaßen umständlich ist die Handhabung der schmucken silbernen “Kluntjezangen”, die ostfrisiesche Mädchen als erste Aussteuergabe zur Konfirmation geschenkt bekommen. Meistens sind sie zu filigran für die großen Kandisbrocken, die sie zu umfassen suchen. Es bedarf schon einer langjährigen Übung, um die kritische Distanz zwischen “Kluntjepott” und Tasse ohne Verluste zurückzulegen. Erst wenn alle Tassen mit einem “Kluntje” bestückt sind, wird der Tee, der mindestens fünf Minuten gezogen haben muss, vorsichtig eingegossen.
Das Knacken des Kandis zeigt an, dass der Tee heiß genug war. Die Tasse darf allenfalls halb voll gegossen werden, damit noch eine Spitze des Kluntjes aus dem tiefen Braun herausragt. Um diesen “Gipfel” herum legt der ostfriesische Teekenner mit dem “Rohm- lepel” (Sahnelöffel) behutsam eine dicke Sahnewolke, die sich langsam vom Kluntje zum Tassenrand ausbreitet und versinkt.
In diesem Moment sollte man eine Weile innehalten und dem Geschehen in der Tasse seine ganze Aufmerksamkeit schenken. Machen Sie Ihren Kopf frei von allen Alltagsproblemen, nehmen Sie meditativ teil an dem, was sich im Mikrokosmos Ihrer Teetasse abspielt.
Halt! Den Griff zum Teelöffel, der auf der Untertasse scheinbar zum Umrühren parat liegt, können Sie sich noch sparen, denn Tee trinkt der Ostfriese weder geschüttelt noch gerührt. Der “echte” Genuss einer Tasse Tee erschließt Ihnen gewissermaßen alle unterschiedlichen Facetten des Lebens. Sanft, bitter und im Abgang zuckersüß.
Drei Mal darf sich dieses Procedere wiederholen. Dann endlich kommt auch der bis zu diesem Zeitpunkt noch unberührt gebliebene Teelöffel zum Einsatz. Indem dieser schlicht in die Tasse hineingelegt wird, zeigt man wortlos darauf hin, dass gemäß dem Sprichwort ” Dree is Oostfresen Recht” keine weitere Tasse mehr gewünscht wird.