Der Zauber von Anori, Pipaluk und Ingimundur – Das Abc der 61. Nordischen Filmtage in Lübeck

Die weite Grönlands spüren

Die weite Grönlands spüren

Ingidumur und seine Enkelin Harath

Ingimundur und seine Enkelin Harath

 

Das Abc der 61. Nordischen Filmtage in Lübeck

Gerade noch rechtzeitig ist das Thermometer in den Keller gefallen. Die Kälte prickelt auf den Wangen, die Luft ist klar und klirrend, der Himmel wie blank geputzt von überflüssigen Wolken. Also schnell rein in die warme Stadthalle und die letzten Minuten vor der ersten Aufführung der 61. Nordischen Filmtage in Lübeck verstreichen lassen.

Natürlich kann den Filmen áus Skandinavien und dem baltischen Raum auch in diesem Jahr niemand die Hauptrolle streitig machen und dennoch tragen auch die vielen kleinen Statistenrollen zu der besonderen Stimmung der Filmtage bei. Ob das bekannte Gesicht hinter dem Infostand, das einen namentlich begrüßt, oder die Ansager vor den Filmen, die den Plot des Filmes kurz skizzieren und im Anschluss mit den Protagonisten eines Films oft charmante Gespräche auf Deutsch, Englisch, Dänisch und anderen Sprachen führen.

Die Dichte an familiären Momenten ist beeindruckend. Nur bei der Suche nach dem besten Sitz gönnt sich das Menscheln eine kurze Auszeit.

Die beste Nebenrolle gewinnt auch in diesem Jahr der finnische Tango, der als Jingle vor jedem filmischen Leckerbissen abgespielt wird. Einem pawlowschen Reflex gleich vermischen sich bei den ersten Klängen des Tangos schon die Sehnsucht nach der Weite des norwegischen Fjells, den Bernsteinstränden Dänemarks und der Stille Islands miteinander. Gleichzeitig schließt sich ein erster Hauch von Melancholie um das eigene Herz und man verfällt sofort in eine pathetische Stimmung. Anders lassen sich die gerade geschriebenen Zeilen wohl nicht erklären.

Der Filmmarathon kann beginnen, aber auch die Konfrontation mit dem eigenen Ich in allen in Facetten. Das Filmprogramm verspricht auch in diesem Jahr eine Achterbahn der Gefühle, in der das herzhafte Lachen im nächsten Moment von Trauer, Depression oder Sprachlosigkeit im Keim erstickt werden kann.
Die Katharsis der griechischen Antike zelebriert in den Filmen der Nordischen Filmtage eine würdige Fortsetzung. Statt Antigone ist es nun Anori und statt Odysseus Ingimundur, die sich unmenschlichen Herausforderungen zu stellen haben. Ihre Schicksale sind aber nicht von minderer tragischer Tragweite als es sich ein Ovid oder ein Homer hätten ausdenken können. Aber schauen Sie doch selber.

Stefan Tietjen