Praxis, Redaktion
Sexsomnia beschreibt eine Schlafstörung, die nicht nur extrem unangenehm für die Betroffenen ist, sondern manchmal auch gefährlich sein kann: Sie haben Sex im Schlaf, ohne sich am nächsten Morgen daran erinnern zu können.
Sexsomnia – das passiert beim Sex im Schlaf
Sexsomnia setzt sich aus zwei Begriffen zusammen, Sex und somnus, dem lateinischen Begriff für Schlaf. Die Betroffenen führen sexuelle Handlungen im Schlaf durch. Sie befriedigen sich entweder selbst oder sie haben Geschlechts- oder Oralverkehr mit der Person, die neben ihnen schläft. Auch „dirty talk“, also erotisches Sprechen, ist typisch bei Sexsomnia.
Das alles passiert in der vierten Phase des Schlafzyklus, der Tiefschlafphase. Sowohl die Muskeln als auch das Gehirn befinden sich in dieser Schlafphase normalerweise in einem tiefenentspannten Zustand; die Schlafenden bekommen von ihrer Umgebung nichts mit. Selbst wenn Betroffene kurz geweckt werden, haben sie am nächsten Tag keine Erinnerung daran, was in der Nacht passiert ist und dass sie Sex im Schlaf hatten.
Alkohol, Schlafmangel, Ängste und Stress können die Häufigkeit und Dauer der Schlafwandel-Ereignisse steigern. Sexsomnia steht zudem mit anderen Schlafstörungen wie dem Restless-Leg-Syndrom und der Schlafapnoe im Zusammenhang.
Sexsomina gilt als sehr seltene Schlafstörung. Schätzungen zufolge sind weltweit nur ein bis drei Prozent davon betroffen. Die Umfrage eines kanadischen Schlafzentrums von 1996 deutet jedoch darauf hin, dass die Dunkelziffer höher liegen könnte: Von 832 befragten Patient:innen gaben 7,6 Prozent an, Sex im Schlaf schon einmal erlebt zu haben – Männer waren dabei in der Überzahl.
Wann es gefährlich wird
Zu einer potentiellen Gefahr wird Sexsomnia, wenn die Betroffenen nicht alleine oder neben ihrem/ihrer Partner:in schlafen, sondern bei anderen übernachten. Ungewollt kann es zu versuchten sexuellen Übergriffen oder Verletzungen kommen, wie Berichte von Betroffenen zeigen. Problematisch ist auch der Umstand, dass sich während des Schlafwandelns oft eine andere Persönlichkeit zeigt. Betroffene, die im wachen Zustand zurückhaltend oder schüchtern sind, können im Tiefschlaf plötzlich aggressiv und hemmungslos werden.
Aber auch wenn keine andere Person beteiligt ist und keine ungewollten sexuellen Handlungen auftreten, kann Sexsomnia je nach Ausprägung das Leben der Betroffenen beeinträchtigen. Viele haben Angst, in der Öffentlichkeit einzuschlafen, z.B. im Flugzeug, oder den:die Partner:in zu verletzen. Zudem wird durch die Aktivität in der Nacht der Schlaf mitunter nicht als erholsam empfunden, was die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit am Tag mindert.
Das können Betroffene tun
Sexsomnia ist nicht als Krankheit anerkannt. Trotzdem ist es für Betroffene ratsam, sich professionelle Hilfe zu suchen. Mit einem auf Schlafstörungen spezialisierten Therapeuten oder einer Therapeutin können mögliche Behandlungsmethoden ausgelotet werden. Dabei sollte Stressabbau im Vordergrund stehen. Auch andere begünstigende Faktoren wie Alkohol und Schlafmangel gilt es zu vermeiden, um die Häufigkeit von Sex im Schlaf zu reduzieren. Praxis Vita,
Parasomnien – Deutsche Hirnforschung
Häufigkeit – Die Prävalenz der NREM-Parasomnie verändert sich im Laufe des Lebens und wird in der Kindheit auf bis zu 20 % geschätzt, bei Erwachsenen um ca. 3 %. Für die REM-Schlafverhaltensstörung beträgt die Prävalenz wahrscheinlich ca. 1 %.
Hauptsymptome – Als Parasomnien werden komplexe Verhaltensauffälligkeiten, Bewegungen, Emotionen, Wahrnehmungen oder auch Aktivierungen des vegetativen Nervensystems bezeichnet, die im Schlaf-Wach-Übergang oder während des Schlafes auftreten.
Diagnostik – Für die Diagnostik einer NREM- oder REM-Schlaf-Parasomnie ist die Durchführung einer Video-Polysomnographie notwendig, um auftretende nächtliche Verhaltensauffälligkeiten einem Schlafstadium zuordnen zu können. Außerdem dient die Durchführung der Video-Polysomnographie auch dem Ausschluss anderer Ursachen nächtlicher Ereignisse (z. B. Schlafatmungsstörungen, Epilepsien).
Behandlung – In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Parasomnie genügt in manchen Fällen die Aufklärung der Betroffenen und von deren Bettpartner. Oft ist eine Absicherung der Schlafumgebung angezeigt. Eine medikamentöse Behandlung ist Patienten vorbehalten, die eine schwere Ausprägung einer Parasomnie haben.
Wichtig zu beachten – Bei den Parasomnien werden die Non-Rapid Eye Movement (NREM)-Parasomnien von Rapid Eye Movement (REM)-Parasomnien unterschieden.
Bei der NREM-Parasomnie unterscheidet man verschiedene Formen. Allen NREM-Parasomnien gemeinsam ist das plötzliche, oft schreckhafte, meist unvollständige Erwachen, deshalb werden diese Störungen auch als Arousal (Weckreaktion)-Störung bezeichnet. Man unterscheidet das Schlafwandeln (dabei wird das Bett wirklich verlassen), den Nachtschreck (dabei kommt es zu einem plötzlichen Aufschrecken, das oft mit einem Schrei verbunden ist und von vegetativen Symptomen wie schneller Atmung, Herzklopfen, Panik begleitet ist) und das Verwirrte Erwachen (dabei kommt es zu einem plötzlichen Aufschrecken aus dem Tiefschlaf, die Betroffenen setzen sich oft im Bett auf und schauen umher, manchmal sprechen die Betroffenen auch). Die meisten Betroffenen können sich an die nächtlichen Ereignisse, die bevorzugt in der ersten Nachthälfte auftreten, nicht erinnern.
Zu den REM-Parasomnien gehören die REM-Schlafverhaltensstörung, die isolierten Schlafparalysen (Lähmungen) und die Albtraumstörungen. Bei der REM-Schlafverhaltensstörung kommt es aufgrund einer fehlenden Muskeltonusabsenkung, die normalerweise im REM-Schlaf vorhanden ist, zu einem Ausagieren von Trauminhalten.
Schlafparalysen können bei Gesunden, aber auch im Zusammenhang einer Narkolepsie auftreten. Albträume können bei jedem Menschen auftreten. Nur wenn regelmäßig Albträume auftreten und diese zu einer relevanten Beeinträchtigung des Schlafes führen, werden diese als Albtraumstörung bezeichnet.