Zum 100. Geburtstag von Marcel Reich-Ranicki
Ihn fürchteten sie alle. Heinrich Böll, Günter Grass, Max Frisch, Martin Walser und viele andere Schriftstller mussten über die Klinge des “Literaturpapstes” springen. Über Jahrzehnte prägte der vor Hundert Jahren in Wloclawek, Polen geborene Reich-Ranicki die Literaturszene in Deutschland. Unvergessen bleiben bis heute seine regelmäßigen Auftritte im “Literarischen Quartet” (1988 – 2001), wo er die Werke von Autoren in den Himmel lobte oder noch öfter in ihre anatomischen Bestandteile zerlegte.
Reich-Ranicki war Überlebender des Warschauer Ghettos. 1958 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, wo er als Literaturkritiker zuerst bei der Wochenzeitung Die Zeit, dann bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung arbeitete. Er war ein maßgeblicher Kritiker in der Gruppe 47, Sprecher der Jury des Ingeborg-Bachmann-Preises und Initiator der Literatursendung Das Literarische Quartett.
Wer in Erinnerung schwelgen will, dem seien Reich-Ranickis Memoiren Mein Leben empfohlen. Auch “Das Duell” seines Nachfolgers beim “Literarischen Quartett” Volker Weidermann über das zwiespältige Verhältnis des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass und den Literaturkritiker, die den Zweiten Weltkrieg in feindlichen Lagern erlebten (Konzentrationslager und jüdisches Ghetto, wirft ein interessantes Schlaglicht auf beide Männer.