Florence und Donna- ganz anders

                             Im Banne der Königin der Dissonanzen

 

Ein Hauch von Hollywood bei den Nordischen Filmtagen

Von Stefan Tietjen

Ja, sie ist es tatsächlich. Das Lächeln, die grauen Haare. Alles passt genau und dennoch ist eines befremdlich. Für gewöhnlich begegnet mir Donna Leon auf dem Rücken eines ihrer millionenfach gedruckten und verkauften „Commissario Brunetti” Büchern. Aber heute Abend ist es anders.

 

Sie ist es, die mir und vielen anderen Gästen bereitwillig für ein Foto zur Verfügung steht und sich auch auf den ein oder anderen Smalltalk einlässt.

 

Dem Stammgast der Nordischen Filmtage mag es wie mir ergangen sein. Das mediterrane Venedig lässt sich nur widerwillig mit dem melancholischen Nordena auf einen Nenner bringen und

dennoch bewirbt sie als Co-Produzentin den vielleicht schillernsten Beitrag der 58. Filmtage in Lübeck.
Das große Rampenlicht hat sie gescheut und  lässt nur zu gern Joyce DiDanato und Ralf Pleger den Vortritt, ihren Film über die sehr ambitionierte aber durchaus bescheidend klingende Sängerin Florence Foster Jenkins vorzustellen.

 

Der Film ist Dokumentation und Liebeserklärung zugleich an die schlechteste Sängerin ihrer Zeit.

Sowohl der Glanz als auch der Tragik der ihrer Umwelt entrückten Sängerin wird in dem gerade erschienenen Film Rechnung getragen. Florence wird als Meisterin der Selbtäuschung skizziert, der es mit Verve gelang sich selbst glaubhaft zu machen, ihr würde ein Platz im Olymp der Sopransängerinnen zustehen.  Nur mit dem Makel, dass sie nicht einen Ton richtig treffen konnte. Die originalen Tonaufnahmen, die gekonnt in den Film eingewoben sind, bezeugen dieses sehr eindrucksvoll.

Symptomatisch äüßerte die Diva sich zu diesen ihr nachgesagten Mängeln ihrer Gesangeskunst:

 

„Die Leute können vielleicht behaupten, dass ich nicht singen kann, aber niemand kann behaupten, dass ich nicht gesungen hätte.“

 

Neben den eindrucksvollen Kostümen und den sieben Experten”, die Licht in den grellen und skurillen Kosmos des damaligen Weltstars bringen sollen, zeichnet den Film insbesondere die Tatsache aus, dass er sich nicht bemüßigt, ein Urteil über Florence Foster Jenkins zu fällen und damit den Stab über sie zu brechen, sondern begegnet, wie es die Produzentin des Films, Maria Willer, treffend beschreibt, dem Talent der Künstlerin auf Augenhöhe.

 

Deutlich wird aber, dass Jenkins nichts mit heutigen C-Promis gemein hat, die über genauso wenig Talent verfügen, sich aber bei jeder Casting-Show zu profilieren versuchen. Jenkins ist eine Meisterin des sogenannten High-Camps.

Einer Bewegung, die derart von dem überzeugt ist, was sie macht, dass sie es selber glaubt.

 

Die Rolle der schlechtesten Sängerin aller Zeiten wird von dem US-amerikanischen Opernstar Joyce DiDonato – eine der besten Sängerinnen der Welt. DiDonatos Virtuosität vereint zum einen die Wunschvorstellung, die Florence Foster Jenkins von ihrer Stimme hatte, und zum anderen das eigentliche Desaster ihrer Gesangskunst, das ihr Publikum zum Toben brachte. Angesprochen auf ihre Rolle, antwortete die gutgelaunte DiDonato, dass sie glaubte, ihre Karriere würde sich dem Ende neigen, da man sie für die Rolle der schlechtesten Sängerin vorgesehen hatte. Davon kann aber gewiss nicht die Rede sein.