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Sehr gerehrte Damen und Herren,
Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, Quelle: wikipedia

Mahnmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, Quelle: wikipedia

vor neun Jahren hatte ich in Politik & Kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, geschrieben, dass das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin gescheitert ist, weil der Architekt Peter Eisenman die künstlerische Aufgabe nicht bewältigt hat. Gescheitert ist das Denkmal aber besonders, das ist damals wie heute meine Meinung, an dem Anspruch seiner Initiatoren »ihren« Erinnerungsort zu schaffen, größer, pompöser, eindrucksvoller als alle Mahnmale in Deutschland vorher.

Jetzt bröckeln die 2.700 Betonstelen – kein Jahrzehnt nach ihrer Installierung – vor sich hin, einige werden durch doppelte graue Metallbänder notdürftig stabilisiert. Selten bleibt einem die eigene Überheblichkeit mehr im Halse stecken, als gerade bei diesem Thema das Gefühl zu haben, Recht zu behalten.

Was soll jetzt geschehen? Entweder man sichert die Stelen mit den »Fassreifen«, was dem Werk jede künstlerische Klarheit nimmt, oder man wechselt alle kaputten Stelen regelmäßig gegen neue aus, was wohl fast unbezahlbar wird, oder aber man lässt das Mahnmal langsam zerfallen, was bei diesen Thema eigentlich undenkbar ist.

Diametral diesen Erfahrungen steht das Programm »Likrat« gegenüber. Das hebräische Wort  steht für »auf einander zu«, und fasst ein Schulprojekt in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen zusammen, bei dem jüdische Jugendliche in Schulen gehen und über ihr Judesein berichten. Für viele Schüler ist dieses Zusammentreffen mit Juden der erste Kontakt zu einer bislang unbekannten Welt. Es geht dabei um viel mehr als antisemitischen Ressentiments entgegenzuwirken, es geht um ein Verständnis von in Deutschland existierender jüdischer Kultur. »Wie leben Juden eigentlich, was ist koscher, warum werden jüdische Jungen beschnitten, warum  ist Samstag statt Sonntag frei?«, sind einige der typischen Fragen der Schüler.

Gerne wollen die Initiatoren das erfolgreiche Projekt über die drei Bundesländer ausweiten. Neben den Schulen könnten auch die betrieblichen Ausbildungsstätten von großen Unternehmen und auch Kultur- und Sportvereine gute Orte für »Likrat« sein. Doch im Moment ist noch nicht einmal klar, ob das Projekt Ende des Jahres noch existiert, da wie immer das Geld fehlt.
Vor neun Jahren schrieb ich, dass die wirklichen Erinnerungsorte nah beim Denkmal für die ermordeten Juden Europas liegen, wie die »Topografie des Terrors« und das ausgezeichnete Jüdische Museum. Heute möchte ich dieser Aufzählung »Likrat« hinzufügen. Und wenn man mich fragt, ob es besser ist, »Likrat« dauerhaft zu finanzieren, als immer wieder neue Stelen zu gießen, dann sage ich ja, obwohl ich weiß, was das bedeutet.
Wie ist Ihre Meinung? Schreiben Sie mir.
Ihr
Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen KulturratesInhalt dieses Newsletters

  1. Neue Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates
  2. Luther 2017-Kolumne
  3. TTIP-Nachrichten der letzten vier Wochen
  4. Der Deutsche Kulturrat stellt sich vor
  5. Kunstfreiheit: Neue Ausgabe von Politik & Kultur ist erschienen
  6. Neues Buch: Kulturpolitik auf den Punkt gebracht – Kommentare und Begriffe
  7. Kultur bildet: Kulturelle Bildung und Inklusion
1. Neue Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates
2. Luther 2017-Kolumne

Unsere Kolumne zum Reformationsjubiläum 2017 ist um einen interessanten Beitrag angewachsen: Stefan Zowislo: Den Anlass in der Gesellschaft verankern

Alle Kolumnenbeiträge finden Sie unter: www.kulturrat.de/luther2017

3. TTIP-Nachrichten der letzten vier Wochen

 

 
4. Der Deutsche Kulturrat stellt sich vor
Einen Einblick in den Aufbau des Deutschen Kulturrates bietet Ihnen unser Organigramm.
Weitere Informationen zur Arbeit des Deutschen Kulturrates finden Sie in unserer Broschüre: Gemeinsam stark für die Kultur! – Der Deutsche Kulturrat stellt sich vor.  (pdf-Datei, bitte Zweiseitenansicht im Reader aktivieren!)
5. Kunstfreiheit: Neue Ausgabe von Politik & Kultur ist erschienen
Wie frei darf Kunst sein? Wo liegen die rechtlichen Grenzen der Kunstfreiheit und wie werden sie definiert? Diesen Fragen spürt Rechtsanwalt Peter Raue im Leitartikel nach. Mit Fragen des Erlaubten und Verbotenen befassen sich ebenfalls Olaf Zimmermann, York-Gothart Mix, Regine Möbius, Petra Bahr, Michael Hurshell, Elke Monssen-Engberding, Ernst Szebedits, Klaus Staeck und Arnulf Rating.
Politik & Kultur erscheint sechsmal jährlich. Erhältlich in Bahnhofsbuchhandlungen, an großen Kiosken, auf Flughäfen und im Abonnement. Einzelpreis: 3,00 Euro, im Abonnement: 18,00 Euro (inkl. Porto).
Die Juli/August 2014-Ausgabe von Politik & Kultur mit dem Schwerpunkt “Kunstfreiheit” steht auch unter http://www.kulturrat.de/puk/puk04-14.pdf (8,7 MB) im Internet als pdf-Datei zum Herunterladen bereit.
6. Neues Buch: Kulturpolitik auf den Punkt gebracht – Kommentare und Begriffe
Seit 12 Jahre erscheint Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, jeweils mit einem Editorial des Herausgebers Olaf Zimmermann. Die Editorials sind eine ungewöhnliche Kommentarsammlung zur jüngsten Kulturpolitik. Von armen Künstlern, obsessiven Sammlern, von vielerlei Kooperationsverboten, von kulturell gebildeten Turbokindern, vom nervenden Kulturföderalismus, von der Verderbtheit der computerspielenden Jugend, vom familiären Egotrip der Wagners, von Humboldt’schen- Schloss-Fantasien und bröckelnden Mahnmahlen, von ruhmlosen Jubiläen und anderen leitkulturellen Irrungen und von vielen wunderbaren Kultur-Träumen schreibt Olaf Zimmermann in 72 kulturpolitischen Kommentaren.
Ein umfangreiches kulturpolitisches Glossar ergänzt die Kommentarsammlung und macht das Buch zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel durch das Labyrinth der Kulturpolitik.
Olaf Zimmermann: Kulturpolitik auf den Punkt gebracht – Kommentare und Begriffe
Aus Politik & Kultur 12
Hg. v. Olaf Zimmermann, Theo Geißler
156 Seiten
12.80 Euro
ISBN 978-3-934868-32-8
Das Buch erscheint am 15. Juli und kann hier vorbestellt werden!
 
7. Kultur bildet: Kulturelle Bildung und Inklusion
In der fünften Ausgabe der Beilage von Kultur bildet. legen wir den Schwerpunkt auf das Thema “Kulturelle Bildung und Inklusion”.
“Kultur bildet” ist als Beilage von Politik & Kultur erhältlich in Bahnhofsbuchhandlungen, an großen Kiosken, auf Flughäfen und im Abonnement.
Sie kann in der Onlineversion als pdf-Datei hier kostenlos geladen werden.